50er an APS

Es besteht noch immer Unsicherheit über den „Crop-Faktor“, die „Brennweitenverlängerung“ oder das „Kleinbild-Äquivalent“. Im Grunde ist es aber gar nicht so schwierig, sofern man sich nicht haarspalterisch an Begrifflichkeiten erregt.

Ja, es ist richtig, dass sich die Brennweite nicht „verlängert“. Wie sollte das auch gehen? Allerdings wirkt ein Objektiv an einem APS-Sensor als habe sich die Brennweite verlängert, wenn man die Bildwirkung am Kleinbild-Sensor zu Grunde legt. Daher ja auch „Kleinbild-Äquivalent“.

Ein APS-Sensor hat im Vergleich zu einem „Vollformat“-Sensor (also Kleinbild, passt viel besser) einen Crop-Faktor von 1.5 (je nach Hersteller auch 1.6 oder 1.7), das heißt, es wird ein kleinerer, zentraler Teil des Bildes eines Kleinbilds aufgezeichnet. Bei einem Crop-Faktor von 1.5 wirkt das Bild, das mit einem 50mm-Objektiv aufgenommen wird daher so, als sei es mit einem 75mm-Objektiv (50×1.5=75) am Kleinbild aufgenommen. Ein 50er-Objektiv, das am Kleinbild eine Normalbrennweite ist, hat an APS also die Bildwirkung eines kurzen Tele-Objektivs. Die Brennweite ist aber natürlich noch immer 50mm. Es wir nur der äußere Teil des Bildkreises nicht genutzt.

Das ist nachteilig, wenn man klassische Weitwinkel-Objektive nutzen möchte – ein 28er wirkt beinahe wie ein Normalobjektiv – es hat aber Vorteile, wenn man im Telebereich arbeitet: ein 200er wirkt wie ein 300er. Und man bekommt sehr gute Portraitobjektive für recht günstige Preise, weil 50er-Objektive i.d.R. die preiswertesten und dennoch sehr gute Festbrennweiten sind.

Daher habe ich mir vor kurzem – als kleine Belohnung – das Panasonic Lumix S 1.8/50 für die Leica CL gegönnt. Heute kam es zum ersten Mal zu einer Art Einsatz – zumindest habe ich ein paar Vergleichsbilder mit mehr oder weniger willkürlich ausgewählten anderen 50ern gemacht.

v.l.n.r.: Olympus OM Zuiko 1.8/50, Meyer Optik Primoplan 1.9/58, Canon nFD 1.4/50, TTArtisans 1.2/50, Leica Summicron-M 2.0/50 und an der Kamera das Lumix S 1.8/50.

Panasonic Lumix S 1.8/50

Nachvollziehbarerweise ist dieses Autofokus-Objektiv das modernste Objektiv dieser Reihe und so stellt es sich auch dar: gut und ausgewogen korrigiert mit hoher Schärfe und sehr harmonischer Farbreproduktion. Es ist aber nicht überkorrigiert, so dass das Bokeh ausgesprochen cremig und angenehm wirkt. Bokeh-Highlights werden sehr neutral dargestellt, ohne Tendenzen zu Seifenblasen, Swirl oder Katzenaugen. Für Portraits mit zuverlässigen und reproduzierbaren Ergebnissen ist es hervorragend geeignet.

Lumix 50, Blende f/1.8 (Offenblende)
Lumix 50, Blende f/2.8

Olympus OM Zuiko 1.8/50

Dies war eine Art Standardobjektiv für die Spiegelreflexkameras der OM-Serie von Olympus, sozusagen die günstige Schwester des in Altglaskreisen berühmten Zuiko 1.4/50. Dieses 50er bildet beinahe modern ab, eher neutral und ausgewogen. Es ist offen schon recht scharf, lässt aber bei f/1.8 durch leichte Überstrahlungen etwas an Kontrast vermissen. Altglas-Fans wird ein typischer Charakter fehlen. Das Bokeh ist gut, die Highlights aber nehmen abgeblendet durch die Anordnung der Blendenlamellen eine eher unschöne sechseckige Form an.

Zuiko 1.8/50, Blende f/1.8
Zuiko 1.8/50, f/2.8

Canon FD 1.4/50

Es hat eine Weile gedauert, bis ich meine Begeisterung für die Canon-FD-Objektive gefunden habe. In erster Linie war es das FD 1.8/85, das mich endgültig auf diese Schiene gebracht hat. Inzwischen ist es eines meiner Lieblingsobjektive. Das 1.4/50 ist ebenfalls sehr gut, kommt aber nicht an das 85er heran. Man muss bei der Beurteilung bedenken, dass es auf f/1.4 öffnet, was schwieriger zu konstruieren ist als ein 1.8er. Offenblendig erreicht das 50er nicht die Schärfe anderer hier gezeigter Objektive, abgeblendet auf f/2.8 ist es sehr scharf. Dafür ist das Bokeh bei Offenblende sehr schön und weich und auch die Highlights wirken sehr angenehm, nicht so sehr wenn abgeblendet, da die eckige Form der Blendenöffnung sichtbar wird.

Canon FD 1.4/50, Blende f/1.4
Canon FD 1.4/50, Blende f/2.8

Meyer Optik Primoplan 1.9/58

Primoplan-Objektive von Meyer gehören zu meinen Favoriten. Das moderne 75er finde ich umwerfend gut. Das alte, klassische 1.9/58 konnte mich, als ich es noch hatte, oft regelrecht begeistern. Diese moderne, sozusagen wiederauferstandene Version macht auch einen tollen Eindruck. Aber bitte, man darf keine typisch moderne Objektivleistung erwarten. Ein Primoplan ist eine „Charakterlinse“ im besten Sinne. Offenblendig neigt es zu Überstrahlungen und abgemilderter Schärfe, es zeigt Tendenzen zu Seifenblasenhighlights und man kann es – wenn man es darauf anlegt – kräftig swirlen lassen. Abgeblendet auf f/2.8 steigen Leistung und Neutralität deutlich an. Durch die kreisrunde Blendenöffnung sind die Highlights auch abgeblendet ein Genuss. All dies macht ein Primoplan zu einem sehr vielseitigen Objektiv – etwas, das ich sehr schätze.

Meyer Primoplan 1.9/58, Blende f/1.9
Meyer Primoplan 1.9/58, Blende f/2.8

Leica Summicron-M 2.0/50 (IV)

Gut, hier nun haben wir eine Art Referenzobjekitiv, ein Leica Summicron 50. Mein Modell ist eine Mandler-Version. Ich habe mehrere Mandler-Objektive und mag sie sehr. Sie bilden in meinen Augen eine Schnittstelle zwischen vintage Objektiven mit typischer, charaktervoller Abbildung und moderner Performanz. Ein Summicron ist bereits offenblendig nutzbar und zeigt da bereits eine außergewöhnliche Leistung. Abgeblendet wird es nochmals besser, es werden aber auch achteckige Bokeh-Highlights sichtbar. Das ist womöglich der einzige Kritikpunkt: die Blendenöffnung schließt nicht kreisrund. Jedes 50er, das neu in meine Sammlung kommt, muss sich an diesem Summicron messen und keines hat es leicht, was den Gesamtcharakter betrifft.

Leica Summicron-M 2.0/50, Blende f/2
Leica Summicron-M 2.0/50, Blende f/2.8

TTArtisan 1.2/50 (APS)

Dieses chinesische Objektiv ist ein Chimäre. Es ist ein modernes aber manuell zu fokussierendes Objektiv, ein hochlichstarkes aber nur für APS geeignet. Irgendwie scheint es eine Mischung aus Vintage und modern zu sein. Zur Offenblende schreibe ich weiter unten nochmal was. Bei „Vergleichsblende“ f/1.8 bildet es modern ab, zeigt aber eine Sägezahnform der Bokeh-Highlights, was mir nicht wirklich gefällt. Dieses 1.2/50 wäre nicht unbedingt ein Objektiv, dass ich nutzen würde, um Lichter darzustellen. Weiter abgeblendete bleibt es seinem Charakter treu.

TTArtisan 1.2/50, Blende f/1.8
TTArtisan 1.2/50, Blende f/2.8

Bei Offenblende f/1.2 (!) zeigt es eine ganz andere Persönlichkeit. Zum einen natürlich eine extrem geringe Schärfentiefe, zum anderen aber durch Überstrahlungen beinahe einen Vintage-Charakter. Wer mit der eingeschränkten Schärfe leben kann, darf sich an ganz besonderen Ergebnissen freuen, die sonst kaum zu erreichen sind – vor allem aber nicht mit einem anderen Objektiv, das auch nur um die 120€ kostet.

Was würde ich nun jemandem empfehlen, der ein Portrait-Objektiv für eine Leica CL sucht?

Wer gerne einen Autofokus hat, dem kann ich das Panasonic Lumix S 1.8/50 komplett empfehlen. Hier würde es wohl auf Platz 2 landen.

Wer einen Vintage-Look sucht, dem kann ich das Meyer Primoplan 58 empfehlen, das aber ziemlich teuer ist – etwa doppelt so teuer wie das Lumix. Platz 3.

Wer sich nicht scheut, in noch höhere Preisregionen vorzustoßen, der sollte unbedingt ein Leica Summicron-M 50 in Betracht ziehen. Für mich noch immer die Nummer 1 der hier gezeigten.

Das 50er Zuiko kann ich nur dann empfehlen, wenn ein möglichst kompaktes Objektiv gesucht wird – es ist beinahe ein Pancake. Es landet hier auf dem 6. Platz.

Das Canon FD 1.8/50 bietet einen gelungenen Kompromiss aus Leistung und Preis und zudem noch eine höhere Lichtstärke. Platz 4.

Und schließlich das TTArtisan 1.2/50. Für den Preis ist es beinahe unschlagbar, doch man muss mit den Sägeblättern im Bokeh klar kommen. Es teilt sich Platz 4 mit dem Canon.