Hochwertige Kompaktkameras…

… mit großem Sensor.

Dieser ergänzte Teil ist enorm wichtig, denn was nützt mir eine Kompaktkamera, die hochwertig verarbeitet ist, wenn ein Winzsensor drin steckt, der mir nicht die Gestaltungsmöglichkeiten bietet, die ich mir wünsche?

s7000

Ja, ich habe auch eine Kompaktkamera mit kleinem Sensor, die ich gut finde und gerne nutze, dann aber mit einem ganz anderen fotografischen Konzept, die Nikon S7000. Die ist auch ordentlich verarbeitet (wenn auch beileibe nicht in der Klasse wie die Kameras, über die ich hier berichten will), sie ist aber vor allem superkompakt und bietet einen beinahe unglaublichen Brennweitenbereich. Gestalterisch aber schränkt sie tatsächlich etwas ein. Doch dafür ist sie auch nicht gedacht.

Dafür gibt es ja die Kompaktkameras (die nicht immer wirklich „kompakt“ sind – also von der Baugröße her betrachtet), die einen großen Sensor haben und dadurch sehr viele Möglichkeiten bieten, was das Fotografieren bei available light oder die Freistellung eines Motivs angeht. Als „Kompaktkamera“ in diesem Sinne sind die Kameras zu bezeichnen, die ein fest eingebautes Objektiv haben und somit gewissermaßen das Gegenteil einer Systemkamera darstellen.

Leider haben diese „High-End“-Kompakten einen entscheidenden Nachteil: sie sind teuer. Und da müssen wir nicht einmal nur eine Leica Q oder Q2 anschauen, auch für die Kameras dieser Klasse von Fuji, Ricoh oder Sigma muss man ziemlich viel Geld auf den Tisch legen.

Ein Ausweg aus dieser Misere wäre es, sich nach älteren Modellen umzuschauen. Statt einer Fuji X100V könnte man nach einer X100S suchen. Ebenso könnte man sich überlegen, ob einem statt einer Leica Q2 nicht auch eine X2 reicht. Sicher diese Kameras sind nicht immer komplett zu vergleichen, mal hat das Objektiv eine andere Brennweite oder Lichtstärke oder es fehlt der Sucher (wie im Leica Beispiel) und mal muss man auf all die Verbesserungen, die durch die zahlreichen Inkarnationen dazukamen, verzichten (wie im Fuji Beispiel). Manchmal muss man – wie bei Ricoh – auch aufpassen, welches Modell man denn genau angeboten bekommt, denn aus der digitalen GR-Reihe gibt es auch welche mit kleinem Sensor.

Wie auch immer. Es ist möglich, wenn man bereit ist, sich ein wenig einzuschränken, für deutlich weniger Geld an solche Kameras zu kommen. Vier dieser Art – die im Laufe der Jahre in meine Sammlung gekommen sind – möchte ich heute hier vorstellen:

(in kaufchronologischer Reihenfolge)

Jeder dieser Kameras hat einen Sensor etwa in APS-C-Größe. Der in der Sigma ist etwas kleiner aber noch immer größer als µ4/3. Der Foveon-Sensor der Sigma hat auch deutlich weniger „Megapixel“, was sich aber durch ebendieses Foveon-Prinzip zumindest ein wenig relativiert. Die Sigma und die Nikon bieten ein 28mm-Weitwinkelobjektiv mit den Lichtstärken f/4 (Sigma) bzw. f/2.8 (Nikon). Die Fuji und die Leica haben ein (ca.) 35mm-Objektiv mit den Lichtstärken f/2 (Fuji) bzw. f/2.8 (Leica). Es stehen demnach zur Verfügung:

  • ein 4/28 (eigentlich ein 4/16, Sigma)
  • ein 2.8/28 (eigentlich ein 2.8/18, Nikon)
  • ein 2/35 (eigentlich ein 2/23, Fuij)
  • und ein 2.8/35 (eigentlich ein 2.8/24, Leica)

Die Auflösungen betragen:

  • Sigma: 4.7 MPix (effektiv soll das 14 MPix entsprechen)
  • Fuji: 12 MPix
  • Nikon: 16 MPix
  • Leica: 12 MPix

Also im Grunde „genug“. (So wie Rolls-Royce früher immer auf die Frage nach der PS-Leistung ihrer Autos geantwortet hat: „genug“.)

Beispielfotos, abgeblendet, Freistellung und hohes ISO

Fotografiert habe ich eine Landschaft vor ein paar Tagen bei uns ganz in der Nähe, sozusagen „hinterm Haus“ am Abend bei untergehender Sonne, also schon etwas im goldenen Licht. Der automatische Weißabgleich hat dies übrigens nicht immer korrekt umgesetzt. Die Sigma hat die Farben sehr neutral dargestellt, also im Grund etwas zu kühl. Die Fuji produzierte deutlich zu kühle Fotos. Die Leica X1 hat das warme Licht schon besser getroffen. Doch die Nikon A war da vom subjektiven Eindruck am stimmigsten. Ich habe dann in Lightroom den Weißableich auf automatisch gesetzt, weil ich sehen wollte, wie mit den Dateien umgegangen wird.

Nachreguliert (nur den Weißabgleich, nicht die A-Belichtung) sieht das erste Motiv (Landschaft bei f/5.6) jeweils so aus:

SDIM0155-101
Sigma DP1s (28mm Equiv)
DSC_1140-109
Nikon Coolpix A (28mm Equiv)
DSCF0331-105
Fuji X100 (35mm Equiv)
L9996225-117
Leica X1 (36mm Equiv)

Es wird deutlich, dass die Fuji in dieser Szene etwas stärker belichtet hat und die Sigma am knappsten. Die Nikon und die Leica reproduzieren das warme Licht wohl auch deshalb am besten, weil die Sättigung am höchsten ist.

Zweites Motiv. Aufnahme aus „Portraitdistanz“ bei Offenblende.

SDIM0154-100
Sigma DP1s bei Blende f/4
DSC_1141-110
Nikon Coolpix A bei Blende f/2.8
DSCF0332-106
Fuji X100 bei Blende f/2
L9996226-120
Leica X1 bei Blende f/2.8

Erneut wird deutlich, dass die Leica und die Nikon stärker sättigen als die Fuji und die Sigma und die Sigma wieder am knappsten belichtet hat. Die Freistellung ist bei der Fuji erwartungsgemäß am stärksten, dafür bildet sie aber bei Offenblende nicht so scharf ab wie die anderen. Ab Blende f/2.8 ist das wieder ausgeglichen. Die Schärfe der Nikon „springt“ einen förmlich an.

Drittes Motiv. Hochsitz, mittlere Entfernung, bei Blende f/4.

SDIM0158-104
Sigma DP1s
DSC_1142-111
Nikon Coolpix A
DSCF0334-108
Fuji X100
L9996229-123
Leica X1

Interessant ist diesmal, dass die Fuji dieses Motiv am knappsten belichtet hat. Was die Farbsättigung betrifft, zeigen die Leica und Nikon erneut den mutigsten Ansatz, wobei die Nikon da nochmals einen kleinen Ticken weiter geht. Die Schärfe der Leica und der Nikon sind beachtlich, aber auch die Fuji und sogar die Sigma lassen da nichts zu wünschen übrig.

Mir scheint, die Leica und die Nikon machen im Moden Blendenvorwahl, JPEG alles aus Standard die „fertigsten“ Bilder, wobei die Nikon in Richtung des analogen Fuji und die Leica in Richtung des analogen Kodak Farbfilms geht. Die Fuji dämpft die Farben so etwas, was sich aber intern leicht ändern lässt und die Sigma benötigt am meisten Nachbearbeitung. Dies ist man aber von Sigma/Foveon-Kameras ohnehin gewohnt.

Alles in allem gefallen mir – mit diesen Standard-Einstellungen wohlgemerkt – die Fotos der Leica X1 am besten, ganz dicht gefolgt von denen der Nikon A. Auf dem dritten Platz landet die Fuji X100 und Schlusslicht ist die Sigma DP1s – auch (und das habe ich hier gar nicht im Vergleich gezeigt) weil die Leistung schon bei etwas höheren ISO-Stufen rapide abfällt. Während man die Fuji, die Nikon und vor allem die Leica problemlos bei ISO1600 nutzen kann, wirkt das Rauschen der Sigma schon bei ISO800 etwas störend und überlagert feine Details. (Höher geht es mit der Sigma vermutlich daher auch gar nicht, während die Leica bis ISO3200 reicht, die Fuji manuell bis ISO12800 und die  Nikon manuell sogar bis ISO25600. Diese hohen Wert – alles über ISO6400 – sollte man aber nur im absoluten Notfall verwenden. An diesen Einstellungsmöglichkeiten erkennt man auch das Erscheinungsjahr. In dieser Zeit hat sich bezüglich Rauschunterdrückung einiges getan.)

In der folgenden Tabelle möchte ich die 5 jeweils bedeutendsten Vor- und Nachteile jeder Kamera zusammenfassen:

 

Sigma DP1s Fuji X100 Nikon A Leica X1
Vorteile ⇑ sehr leicht ⇑ optischer Sucher ⇑ hohe Bildqualität ⇑ sehr hohe Bildqualität
⇑  Streulicht-Blende  mitgeliefert ⇑ guter EVF ⇑ gute Verar-beitung ⇑ gute Verar-beitung
⇑ bei geschickter EBV „besondere“ Bildergeb-nisse ⇑ gute Verarbeitung ⇑ sehr gutes Objektiv ⇑ exzellentes Objektiv
⇑ 28mm-Weitwinkel ⇑ Bildqualität ab f/2.8 ⇑ 28mm-Weitwinkel ⇑ hohe Freistellung
⇑ 1/4000s ⇑ Motivpro-gramme und Bildeffekte ⇑ Werterhalt
∅ Preis 150-180€ 250-300€ 180-250€ 350-500€
Nachteile ⇓ kein Sucher ⇓ AF bei EVF oft nicht genau ⇓ kein Sucher ⇓ kein Sucher
⇓ langsamer AF ⇓ langsamer AF ⇓ langsamer AF ⇓ langsamer AF
⇓ schwach bei hohen ISO-Werten ⇓ etwas soft bei Offenblende ⇓ Weitwinkel (Freistellung schwieriger) ⇓ auch gebraucht noch teuer
⇓ mit f/4 licht-schwach >> keine gute Freistellung ⇓ auch gebraucht noch relativ teuer ⇓ kaum auf dem Markt zu finden
⇓ auch gebraucht noch überraschend  teuer
SA707222_DxO SA707221_DxO SA707220_DxO SA707224_DxO

Inklusive Verarbeitung, Bedienung und Bildqualität lautet mein Urteil:

  1. Leica X1
  2. Nikon A
  3. Fuji X100
  4. Sigma DP1s (mit Abstand!)

Die Leica und die Nikon kann ich auch heute noch uneingeschränkt empfehlen. Die Fuji in ihrer ersten Inkarnation holt sich Sonderpunkte durch ihr fabelhaftes Aussehen und den tollen Sucher, nervt aber dadurch, dass sie schon so manches Bild verdorben hat, weil der AF bei Verwendung des optischen Suchers mal wieder völlig daneben lag. Die Sigma ist eher etwas für Liebhaber. 😉

Steve Huff gibt hier übrigens ein paar Tipps, mit den größten Problemen der X100 besser zurecht zu kommen.