Soft-Fokus-Objektive

Ja, sowas gibt es. Während die meisten ein Objektiv nach dessen Schärfe beurteilen, gibt es schon seit langem spezielle Soft-Fokus-Versionen. Ich meine nicht die Objektive, die eine besondere Einstellung haben, um die Abbildung zu beeinflussen. Die lassen sich, wenn man das deaktiviert, als ganz normale, scharfe Objektive nutzen. Ich meine hier vielmehr Objektive, die nur „soft“ können – Weichzeichner.
Die gab es ebenfalls in unterschiedlichen Preisklassen und eine Lösung, die günstigste, war einen Softfokus-Filter vor das Objektiv zu schrauben. Optische Tricks im Filter verändern das Bild. Als man noch auf Film fotografiert hat, hatten solche Weichzeichner sogar einen Sinn, vor allem bei Portraits. Filmemacher haben damit ganze Filme gedreht, um etwas „Verträumtes“ zu kreieren.
Heute, wo digital fast alles möglich ist, sind diese Weichzeichner nicht mehr besonders gesucht. Es gibt sehr gute Exemplare, bei denen eine Softness über ein kernscharfes Bild gelegt wird. Das sieht dann auch schonmal richtig gut aus. Diese Modelle sind aber meist noch richtig teuer. Da stellt sich die Frage, kann man sowas auch als „Budget“-Lösung finden? Ich habe in den letzten Monaten oder Jahren immer mal die Augen nach sowas aufgehalten und möchte hier vier Möglichkeiten vorstellen, die sich preislich im Rahmen halten, aber sehr unterschiedlich brauchbar sind.

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(v.l.n.r.: Meopta Meostigmat 1.4/70, Soft Focus Lens 2.2/100, Hama Portragon 4/100 mit selbst gebauter Lochsiebblende und ein historisches, Eigenbau-adaptiertes Petzval-Objektiv) 

Dies ist das Motiv, das ich mit den vier Objektiven fotografiert habe. Als Kamera wurde eine Nikon D7000 genutzt, die auch mal wieder an die frische Luft wollte. Zum Vergleich, so sieht es mit einem modernen Portrait-Objektiv aufgenommen aus:

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Aufgenommen mit einem Viltrox 1.8/85 an einer Sony A7II.

Meopta Meostigmat 1.4/70

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Das Meopta ist ursprünlich ein Projektionsobjektiv und kann nur über eine Adapterlösung (hier ein speziell angefertigter Tubus) genutzt werden, die auch eine Fokussiermöglichkeit bietet. Es ist lichtstark, hat aber keine Blende, muss also immer bei Offenblende verwendet werden. Dennoch ist die Abbildungsleistung recht beeindruckend und kann beinahe mit einem „normalen“ Objektiv mithalten. Es bietet zudem noch ein spannendes Bokeh, so dass sich mit der Zeit eine regelrechte Fangemeinde um die Meostigmate formiert hat.

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Das ist gar nicht mal schlecht. So viel Weichzeichnung zeigt das Meopta in der Fokusebene nicht. Man erkennt etwas an Überstrahlung, die dem Foto ein gewisses Flair gibt.

 

Hama Portragon 4/100

2_hamaDieses sehr kleine, mit einem T2-Anschluss versehene, Weichzeichner-Objektiv soll – wie der Name schon sagt – speziell für Portraits geeignet sein. Es ist ziemlich klapprig gebaut, viel würde ich ihm nicht zumuten wollen. Mir fehlt leider sie originale Siebblende, durch die der eigentliche fotografische Effekt etwas gesteuert wird. Ich habe mir aus einem M39-Rückdeckel selbst eine Alternative gebaut, die ähnlich funktioniert.

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Hama Portragon ohne Siebblende
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Hama Portragon mit Siebblende

Der Unterschied wird, denke ich, deutlich. Die Sieblochblende reduziert die Aberrationen vor allem an Kontrastübergängen und erreicht im Grunde, wenn auch nicht in sehr hoher Qualität, dass ein weiches Bild gewissermaßen über ein kernscharfes gelegt wird. Ohen die Blende ist das Bild sehr weich und Schärfe kaum erkennbar. Dennoch kann man sich für das Portragon Einsatzbereiche vorstellen und wenn es nur etwas besser verarbeitet wäre, würde ich es vielleicht sogar öfters mal ausführen.

 

Soft Focus Lens 2.2/100

2_soft Dieses Objektiv ohne Markennamen ist lichtstärker und besser verarbeitet als das Portragon, wenngleich es auch nicht wirklich robust wirkt. Es ist etwas höher und deutlich dicker als das Hama. Der Fokus dieser Soft Focus Lens erfolgt über ein sich komplett im Schneckengang mitdrehenden Fronttubus. Der gesamte „focus throw“ beträgt nur etwa 60°, man muss also vorsichtig fokussieren.

Leider ist die Leistung absolut unterirdisch. Ich weiß nicht, ob mit diesem Objektiv auch ein Frontfilter genutzt werden soll, aber so ist es kaum zu gebrauchen, sogar für Weichzeichner-Fans:

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Da is nun wirklich kaum etwas scharf – und wenn, dann ist es durch den flauen Kontrast kaum zu erkennen. Ich habe übrigens den Kontrast digital schon stark hochgezogen!

 

Petzval-Objektiv

2_petzvalEs handelt sich hierbei um ein altes, mechanisch defektes Petzval-Objektiv, das ich per DIY-Lösung an Nikon adaptiert habe. Ich wollte einfach mal ausprobieren, wie sich solch ein historisches Objektiv, dass ja nicht nur für ein anderes Medium, sondern auch für ein gänzlich anderes Format konstruiert wurde, an einer modernen Kamera macht. Nun ja, das Ergebnis ist schon sehr speziell.

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Aber immerhin. Wenn man bedenkt, dass dieses Objektiv so um die 100 Jahre alt ist, dann ist das doch gar nicht mal so schlecht. Hier finde ich die Überstrahlungen sogar sehr passend. Allerdings macht es nicht wirklich viel Spaß, damit zu fotografieren, da der Fokusmechanismus defekt ist und man scharf stellen muss, indem man den vorderen Tubus nach vorne und hinten verschiebt, was umständlich ist und nur sehr ungenau funktioniert.

Im Sommer bzw. Herbst 2020 kommt ein neu konstruiertes Petzval 80,5mm von Lomography heraus, das typische Petzval-Eigenschaften mit moderner Abbildungsqualität verbinden soll. Darauf bin ich sehr gespannt!