Das „Leica-Feeling“…

Gibt es das wirklich? Und wenn ja, wie kann man es erreichen? Nur durch eine Leica?
Was ist das überhaupt, dieser Halb-Anglizismus?

Ich lese immer wieder, es sei rein psychologisch bedingt:

  • man weiß, dass man eine sehr teure Kamera in der Hand hält,
  • man kennt die Legenden und die Historie der Marke,
  • und das unverkennbare rote Logo tut ein Übriges.

Es mag sein, dass dies eine Rolle spielt doch auch, wenn manche es Einbildung nennen, ich glaube in der Tat, dass es soetwas wie ein „Leica-Feeling“ gibt.

Es ist, meines Erachtens, eine Mischung aus einer extrem guter Verarbeitung hochwertiger Materialien und einem Bedienkonzept, dass auf das Wesentliche konzentriert über Jahrzehnte dem Fotografen in die Hand entwickelt wurde.

Wenn man eine Leica in der Hand hält, dann spürt man es. Da können Kritiker sagen, was sie wollen. Je hochklassiger die Kamera ist, desto stärker kommt dieses Gefühl. Die kleinen digitalen Kompaktkameras vermitteln es nicht wirklich; die Klasse der D-Lux oder der APS-Digitalen (TL, CL) schon ziemlich gut. Wer eine „Q“ hat, der weiß, wovon ich schreibe und die „M“ ist die Krönung dieses Gefühls.

 

Jetzt hat nicht jeder das Budget, um sich eine M leisten zu können. Auch ich spare über längere Zeit oder verkaufe gleich mehrere Dinge aus meiner Sammlung, wenn ich in solche preislichen Sphären dringe. Daher möchte ich hier einmal die Frage stellen, ob man auch mit einer anderen Kamera das „Leica-Feeling“ erreichen oder sich zumindest daran annähern kann.

Seit einiger Zeit gibt es, insbesondere von Fuji, Kameras, die das Leica-Aussehen kopieren, ein „Leica-Mimikri“ sozusagen. Tatsächlich, diese Kameras sind hübsch, sehr hübsch sogar und zudem sind sie auch noch sehr gut. Sie fühlen sich wertig an, lassen sich angenehm bedienen und produzieren ausgezeichnete fotografische Ergebnisse.

Die Fuji X-E2 ist ein Beispiel:

Sie macht auch neben einer M eine wirklich gute Figur. Die Ähnlichkeit des Konzeptes ist unverkennbar.

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Die X-E1, X-E3, X-Pro1 und X-Pro2 sind Geschwister der Fuji-Familie, die in genau diese Kategorie der leicaähnlichen APS-Kameras mit Wechselobjektiven fallen. Die X-E1 habe ich nicht mehr, mit der X-Pro1 habe ich nur einmal kurz fotografieren können und die X-Pro2 und die X-E3 hatte ich nur einmal kurz in der Hand. Daher basiert mein Urteil auf der X-E2.
Wie seiht es denn nun aus? Vermittelt diese Fuji „das“ Gefühl?

Ja, durchaus. Sie geht aber nicht den ganzen Weg. Auch, wenn sie so aussieht und sich sehr gut anfühlt, es fehlt doch noch ein kleines Stückchen. Vor allem aber ist es keine echte Messsucherkamera. Sie versucht zwar, diese faszinierende Art der Fotografie zu simulieren und das macht sie gut, doch es bleibt immer nur eine Simulation. Daher…

Leica-Feeling-Faktor „Fuji X-E2“: 3/5

Kommen wir zu anderen Kameras.

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Hintere Reihe v.l.n.r.; Leica D-LUX (109), Leica M6, Fuji X100. Vordere Reihe v.l.n.r. Leica M8, Leica M (240)

Die „kleine“ Leica: D-LUX (109). Diese Kamera mit µ4/3-Sensor und fest eingebautem Objektiv (24-75mm KB-Äquiv.) ist eine unglaublich universale Kamera. Sie kann eigentlich alles, und das ziemlich gut. Sie hat aber auch keinen Messsucher, sondern einen EVF (wie die Fuji X-E) und kann – aufgrund ihrere Vielseitigkeit – die Reduktion auf das Wesentliche gar nicht erreichen. Tolle Kamera, aber…

Leica-Feeling-Faktor „Leica D-LUX“: 2/5

Kommen wir nun zur Fuji X100. Ja, ich habe noch das „Ur-Modell“. Inzwischen gibt es ja vier oder fünf (habe da den Überblick verloren) neuere Generationen, doch es handelt sich dabei „nur“ um Verbesserungen. Sicher, die neuesten Modelle sind schneller, besser bei hohen ISOs usw., doch am Grundkonzept hat sich eigentlich nichts geändert. Es handelt sich um eine APS-Kamera mit fest eingebautem Objektiv (2.0/23, also ein 35mm Äquivalent) und dem Aussehen einer klassischen Messucher-Kamera. Ich muss ja zugeben, die X100 ist wunderschön! Da haben die Designer von Fuji alles richtig gemacht. Sie ist sehr gut verarbeitet, fühlt sich toll an und was dazu kommt ist, wie bei den X-Pro-Modellen, der optische Sucher oder besser der „Hybrid-Sucher“, denn man kann bei dieser Kamera zwischen einem optischen und einem elektronischen hin- und herschalten – eine fabelhafte Sache.
Heißt das nun, dass die X100 volle Punktzahl auf der Leica-Feeling-Scala? Nein. Denn auch wenn der Sucher wirklich begeistern kann, es ist doch kein echter Messucher. Daher gibt es einen kleinen Abzug.

Leica-Feeling-Faktor „Fuji X100“: 4/5

Was bleibt von den Kameras auf dem Bild, sind meine „Ms“: die M6, die M8 und die M(240). Vermitteln die denn nun das „Leica-Feeling“? Ja, und zwar jede einzelne davon, denn auf sie trifft genau das zu, was ich eingangs beschrieben habe. Jedesmal, wenn ich eine dieser Kameras in die Hand nehme, kommt augenblicklich dieses einzigartige Gefühl von Wertigkeit und der Vorahnung, dass ich mich als Fotograf auch etwas anstrengen muss, denn die Kamera nimmt mir nicht alles ab. Das gehört auch dazu.

Leica-Feeling-Faktor „Leica M6, M8, M“: 5/5

Und weiter? Was ist mit Olympus, Pansonic und Sony?
Nun, nach meinen Erfahrungen komme da Olympus und Panasonic noch am ehesten heran. Die PEN F würde wohl, ähnlich wie die Fuji X-E, 3/5 erreichen. Panosonic vermutlich folgt ganz knapp dahinter. Einen Boost können die µ4/3-Objektive von Leica geben. Damit bewegt es sich dann in Richtung 4/5.
Und Sony? Hmmm… So toll ich meine A7II auch finde, die Fotos sind umwerfend gut, was das Leica-Feeling angeht, erreicht sie nur eine 1/5. Sorry, Sony. Eure Kameras sind toll, doch sie sind durch und durch elektronische Geräte ohne „Seele“. Womöglich sind sie einfach zu gut. 😉

Vielleicht mögen Sie fragen, was mit der Epson R-D1 ist? Das ist ja auch eine echte digitale Messsucherkamera. Nun, ich kann mir vorstellen, dass sie sehr hoch auf der Scala anzusiedeln ist, doch bedauerlicherweise habe ich noch nie mit einer fotografieren können. Also, wenn Sie eine haben, dann schicken Sie sie mir doch einmal für drei Wochen zu. Ich würde sie liebend gerne ausprobieren und ich verschicke sie auch gut versichert wieder zurück. 🙂

P.S.: Gibt es auch bei DSLRs ein „Leica-Feeling“? Ich würde sagen, am ehesten bei Nikon, dicht gefolgt von Pentax und dann mit Abstand Canon. Eine EOS ist einfach zu modern.