Jetzt wird’s richtig „Retro“…

Alle, die meinem Blog schon eine Weile folgen, wissen, dass ich ziemlich auf alte Kameras stehe. Ich finde sie wunderschön und bin begeistert von der mechanischen Qualität. OK, gelegentlich ist’s mit der mechanischen Faszination nicht ganz so weit her und über das Aussehen lässt sich bekanntlich immer wunderbar streiten.

Aber selbst die „hässlichen Entlein“ schaffen es oft in mein Herz – manchmal gerade weil sie etwas ganz Besonderes haben. Ein Weg zu meiner Sympathie ist es für eine Kamera in einem mir wichtigen Jahr gebaut worden zu sein. Oft behalte ich diese Kamera dann nur aus diesem Grund. Hier ein paar Beispiele, chronologisch:

  • Leica IIIa sync – 1936 – Geburtsjahr meines Vaters
  • Zorki-4 – 1970 – mein Geburtsjahr
  • Fujica ST701 – 1973 – Geburtsjahr meiner Frau
  • Pentax K100D – 2006 – Geburtsjahr meiner Tochter
  • Leica M8 – 2007 – Geburtsjahr meines Sohnes

Wer jetzt eins und eins zusammen zählt, merkt, dass da ein Jahr fehlt: das Geburtsjahr meiner Mutter – 1947.

Es ist nicht wirklich leicht, eine Kamera zu finden, die so kurz nach dem Krieg gebaut wurde und noch immer funktioniert. Doch in der letzten Woche konnte ich endlich die Lücke schließen!

Meine Damen und Herren, ich präsentiere Ihnen die 1947er Photax III Blindé:

photax1Die Photax, eine französische Bakelit-Kamera für das Rollfilm-Format 6x9cm, wurde in der ersten Version 1937 von MIOM auf den Markt gebracht. Die Photax III, mit einer verbesserten Boyer Serie VIII Meniskus-Linse (einem konkav-konvex geschliffenen immerhin schon achromatischen Einlinser) unbekannter Brennweite (geschätzt liegt sie etwa bei gut 10cm) war ab 1946/1947 zu kaufen. Die Bezeichnung „Blindé“ steht für die Version mit dem Objektivschutzdeckel, ebenfalls aus Bakelit.

Die Kamera wird aufnahmebereit gemacht indem man das „versenkte“ Objektiv gegen den Uhrzeigersinn bis zum Anschlag herausdreht. Der Verschluss muss nicht gespannt werden, hat aber auch keine Auslösesicherung, so dass es schnell zu Doppelbelichtungen kommen kann. Lediglich die angesetzte Objektivkappe verhindert, dass ein Foto gemacht wird.

Die Photax III hat einen winzigen Galileo-Sucher und einen Guillotine-Verschluss, der die Zeiten 1/25 und 1/100 Sek sowie „Bulb“ anbietet. (Das „T“ an dieser Kamera wäre heute in der Tat ein „B“.) Der Mindestabstand des hyperfokal angelegten (Fixfokus-)Objektivs beträgt 2,75 m. Damit soll alles von knapp unter 3m bis zu unendlich scharf abgebildet werden. Solch eine große Schärfentiefe bei Mittelformatfilmen ist natürlich nur durch sehr kleine Blendenöffnungen möglich, weshalb man sich kaum je eine schnellere Verschlusszeit als 1/100s wünschen wird. Die Blendenzahl habe ich bisher nicht herauskriegen können. Es gibt einen Blendenwahlhebel mit den Kennzeichnungen „1“ (= Offenblende) und „2“ (= „geschlossen“). Von der Größe her würde ich in etwa eine Blende f/11 bis f/16 in Stellung „1“ und eine f/22 in Stellung „2“ schätzen – was auch ungefähr mit dem Fixfokusbereich übereinstimmen würde.

photax2

Mit versenktem Objektiv ist die Photax III recht kompakt. Man konnte sie früher leicht in einer Manteltasche verschwinden lassen. Sie wurde zudem mit einer passenden Ledertasche geliefert.

Etwas unschön ist, dass die Photax III den Rollfilmtyp 620 nutzt, der im Grund nichts anderes ist als ein 120er-Rollfilm, allerdings mit einer schmaleren Spule und dünneren Randscheiben. Der übliche 120er Rollfilm (hier auf dem Foto abgebildet) lässt sich in der Photax III nicht nutzen. Man muss also den Film umspulen oder die Randscheiben des 120ers passend trimmen.

Im Moment habe ich einen adaptierten Kleinbildfilm geladen, um zu sehen, was da so aus der Kamera herauskommt.
Werde zur gegebenen Zeit berichten.

3 Gedanken zu “Jetzt wird’s richtig „Retro“…

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