Ein Stern aus dem Osten…

Nein, das wird jetzt kein Rückblick auf Weihnachten. Es ist zwar, passend zum Blog, ein Retro-Thema, doch ebenso passend geht es um Objektive, genau gesagt um EIN Objektiv und zwar um ein richtig gutes.

Ich hatte vor mehreren Jahren bereits einmal die Gelegenheit, damit zu fotografieren und war schon damals überaus begeistert von dem Objektiv, da ich mich aber zu dieser Zeit mehr und mehr vom M42-Anschluss – der ja immer so eine Art „Einstiegsdroge“ in die Altglas-Begeisterung ist – entfernte, um neue Bajonettwelten zu entdecken: Nikon AI, Olympus OM und nicht zuletzt Leica R standen damals auf der Begehrlichkeitsliste ganz oben, bin ich von der Jagd danach abgerückt. Meine Ausrichtung hat sich ja inzwischen zunehmend in Richtung Leica M verschoben, doch es stehen noch immer eine ganze Reihe Spiegelreflexobjektive in meinen Vitrinen. Wenn man dann, durch ein großzügiges Angebot eines Fotoforum-Bekannten in den Genuss kommt, dieses ostdeutsche Objektiv in seine Sammlung aufzunehmen, dann macht man das natürlich:

Das Carl Zeiss Jena Pancolar MC 1.8/50 electric. Oder das „Ost-Summicron“ wie ich es halb ironisch, halb bewundernd nenne. Dieser Spitzname zeigt schon an, dass ich viel von dem Pancolar halte. Mein Exemplar ist die frühe Version, die auf die sogenannte Zebra-Version folgte, mit neuer Rechnung und bereits mehrfach vergütet (MC) aber noch mit der Blendenapertur der alten Zebra-Exemlare. Mir gefällt das, denn das bedeutet ein Art historischen Übergang.
Natürlich ist ein derart altes – wir reden hier von 40-50 Jahren! – Objektiv nicht mehr wie neu, doch die Mechanik funktioniert bei meinem Exemplar gut und die Linsen sind sehr klar und sauber. Die Leistung und der Abbildungscharakter dieses Objektivs sind beeindruckend: scharf bereits bei Offenblende, farbfreudig und mit einem wunderbar weichen, cremigen Bokeh. Es ist mit f/1.8 im Grunde auch für so ziemlich alle Bereiche lichtstark genug und zeigt kaum Aberrationen. Meines Erachtens ist es eines der besten jemals im Osten gebauten Objektive und, da es nie einem Trioplan-Hype unterlagt, noch immer verhältnismäßig preisgünstig zu finden. Meist zwar nicht so günstig wie ein Helios 44 oder ein Pentacon 1.8/50 – die aber beide nicht an das Pancolar heranreichen – aber in der Regel deutlich günstiger als ein originales Biotar oder ein Primoplan. Ein Pancolar steht dem hochangesehen Asahi Pentax Takumar in nichts nach und ist für mich daher in der M42-Welt definitiv eines der besten 50er, die man finden kann.

Wie lässt es sich adaptieren? An eine spiegellose Systemkamera völlig problemlos, ebenso an eine APS-DSLR (an der es zu einem fantastischen Portraitobjektiv wird). Lediglich bei Kleinbild-EOS-DSLRs muss man ein wenig aufpassen, da es zu einem Anstoß des Spiegels kommen kann. Für Nikon-DSLRs ist es als M42-Objektiv nicht so gut geeignet. Ich nutze es mit meiner „Binford A7II“ 😉 und damit harmoniert es perfekt.

Es erstaunt mich wirklich, dass man in den Foren recht wenig darüber liest, es ist wie (wie gesagt) nie zu einem Pancolar-Hype gekommen; gut so, aber verdient wäre er gewesen.
Wer also ein harmonisch abbildendes, universell nutzbares 50er sucht, der sollte sich einmal nach den Pancolar 1.8/50 umsehen. Aber nicht mit dem (vielleicht sogar noch besseren, aber deutlich teureren) Pancolar 1.4/55 verwechseln. 😉

P.S. Bilder damit folgen.
P.P.S. Dies ist der erste Artikel, den ich komplett mit meinem iPad geschrieben habe, sogar das Foto habe ich damit gemacht. Ich bin ja kein Apple-User, aber ich muss zugeben, das funktioniert richtig gut.