CeBIT – das Ende einer Ära

– Nachruf –

Es geht gerade durch die sozialen Medien: die CeBIT wird eingestellt.

Gerade bei den computerbegeisterten Nutzern werden da Erinnerungen wach. Viele der heutigen 40er und 50er sind als „Teens“ oder „Twens“ zur CeBIT gefahren, um dort einen Tag lag komplett ins Hobby abzutauchen. So auch ich.

Ich weiß es gar nicht mehr so genau, doch ich glaube ich war die 90er hindurch jedes zweite Jahr dort – mal mit meinem Vater, mal mit einem Studienkollegen, mal mit guten Freunden oder auch alleine. Nur zweimal hatte es was mit meiner damaligen Tätigkeit (einmal als „Technik-Hiwi“ an der Uni, einmal als Supporter bei DERDATA) zu tun, sonst war es Hobby. Aber immer war es ein tolles Gefühl, als Junge vom Dorf oder Student aus der ländlich gelegenen Mittelstadt in die „große, weite, spannende Welt“ der Computertechnik einzudringen und dort all die Möglichkeiten zu sehen, die uns zu dieser Zeit geboten wurden, vielmehr aber noch die, die uns in Zukunft das Leben so wunderbar gestalten würden. Optimismus und der absolute Glaube in die Technik war da noch weit verbreitet. Die Technologie würde eine Lösung für jedes Problem bereitstellen, sie müsste nur erfunden werden. In diesem, „meinem“ CeBT-Jahrzehnt habe ich die unglaubliche Entwicklung vom PC als stationärem Arbeitsplatz, über die ersten bezahlbaren mobilen Computer  („Schlepptops“), die ersten Rassel-Piep-Modems bis hin zum Internet direkt miterlebt und alles Neue versucht, in mein Leben zu integrieren – oft an selbst gebauten Computern. Eine tolle Zeit!

Diese Nostalgie erweckt Sehnsüchte. Heute kommt all das so „geschniegelt“ her. Es klappt – meistens jedenfalls – recht gut, aber so richtig Faszination will nicht mehr aufkommen. Vielleicht ist das einer der Gründe warum ich (und vermutlich viele andere) einen Hobby-Wechsel vom Computerkram zur Fotografie, gerade auch zum Thema „Retro“ vollzogen habe. Heute gibt es Mini-Computer im Gameboy-Design auf denen etliche hundert Retro-Games fest installiert wird. Steht auch hier. Womöglich sehnt man sich nach dem „Einfachen“, dem „Kantigen“ und ist froh, wenn ein Spiel nicht perfekter ist als es der Spieler jemals sein könnte. (OK, es gibt ja noch EA, die es immer wieder auf’s Neue schaffen, ein Spiel fernab von perfekt zu machen. 😉 )

Toll auch die Erinnerungen an die „Typen“, die man dort gesehen hat. Ganze Sozialstudien hätte man vor Ort betreiben können: vom stereotypen, pickeligen Nerd über den Jugendlichen, der im schlecht sitzenden Anzug „Businesswelt“ spielte, über äußerst attraktive Hostessen, die von unsicheren bis zu geifernden Blicken vieles aushalten mussten, bis hin zu den echten Geschäftsleuten, die gefühlt mit jedem Jahr mehr und mehr in der Minderheit waren – alles war vertreten.

Zu Beginn schmissen die Firmen nur so mit Geschenken und Gadgets um sich. Es war durchaus möglich, dass man mit Software im Wert von mehreren hundert DM nach Haus fuhr. Im Laufe der Jahre aber wurde das deutlich weniger und irgendwann konnte man froh sein, wenn man eine Diskette mit einer Try-out Version bekam (die man dann löschte und als leere Diskette weiternutzte). Das Sammeln von Prospekten unterließ ich sehr schnell, denn das führte nur zu einem Haufen von Papiermüll.

Irgendwann wurde das Ganze für mich immer weniger Informationsquelle und immer mehr zur Gelegenheit, diese besondere Atmosphäre „einzuatmen“, bis ich schließlich nicht mehr hingefahren bin. Ich glaube, ich war nur noch einmal nach 2000 dort. Passend zu Hobbywechsel und Berufsstart lösten die Photokina und die Didakta die CeBIT ab. Außerdem wurde es schwieriger Zeit zu finden, weil ich eben nicht mehr studierte, sondern arbeitete – und zwar nicht (oder nur indirekt) im IT-Bereich.

Dennoch werde ich diese Computermesse, gerade die ersten Male, in sehr schöner Erinnerung behalten. Danke.

RIP, CeBIT.