Wegweiser durch den Altglas-Dschungel (Teil 2 – CSC)

Nachdem ich im ersten Teil die digitalen Spiegelreflexsysteme behandelt habe, wende ich mich hier nun den CSC (Compact System Cameras) zu, die auch „EVIL“*-Kameras oder einfach „spiegellose Systemkameras“ (mirrorless) genannt werden. So richtig hat sich noch keine Abkürzung durchsetzen können.

Da es sich hier um mehr Systeme handelt, werde ich zu jedem etwas weniger schreiben. Allen gemeinsam ist, dass sie ein sehr kurzes Auflagemaß haben und so für beinahe jedes SLR- oder sogar Messsucherobjektiv ein Adapter möglich ist. Manche CSC nehmen sogar adaptierte Objektive auf, die für alte Filmformate (z.B. Super 16) konstruiert wurden. Die Systeme gehen allerdings unterschiedlich gut mit adaptierten Linsen um.

Wichtig für Altglas-Adaptierer sind vor allem zwei Aspekte: die Sensorgröße und die Fokussierhilfe.

Olympus

Ich beginne mit Olympus aus zweierlei Gründen: sie waren eine Art Wegbereiter mit der ersten Version der digitalen PEN-Kamera und ihre jetzigen spiegellosen Systemkameras sind exzellent, ganz weit vorne wenn es um Verarbeitung und Performanz geht. Der AF ist beispielsweise überaus schnell und die Bildqualität ist auch bei hohen ISOs sehr gut. Allerdings schreckt der 2fach Crop des „kleinen“ Sensors viele Altglasfans ab. Es ist kaum möglich, mit älteren, manuellen Objektiven im Weitwinkelbereich zu fotografieren.

  • Fokussierhilfe: Peaking, funktioniert recht gut
  • Performanz: µ4/3, aber die neuen Sensor-Versionen sind außerordentlich gut

Panasonic

Panasonic ist ebenfalls Mitglied des 4/3-Konsortiums und setzt daher auch auf die relativ kleinen Sensoren. Was für Olympus gilt (sehr hohe Adaptierbarkeit, 2fach Crop) gilt demnach auch für Panasonic. Wobei ich die Unterscheidung treffen würde: Olympus für Fotografen und Panasonic für Videofilmer.

  • Fokussierhilfe: Peaking, funkioniert recht gut
  • Performanz: µ4/3, sehr gute Video-Leistung

Sony

Die Entscheider bei Sony waren es, die es wagten, einen APS-Sensor in ein überaus kompaktes Gehäuse zu setzen. Die NEX-Reihe konnte mich auf der Photokina 2010 dennoch nicht wirklich begeistern. Ich mochte zunächst das Kompaktkamera-Gefühl gar nicht. Aber nach einer Weile fand diese Idee bei mir mehr und mehr Interesse, gerade auch, weil man Objektive adaptieren konnte, die nicht an einer DSLR nutzbar waren. Und als dann Sony den Kameras das „Focus-Peaking“ per Firmware-Update implantierte, war es um mich geschehen. Ich hatte nicht nur eine NEX-3, sondern auch als einer der ersten in Deutschland eine NEX-7, das damalige Topmodell.

Obwohl Sony-Kameras wirklich gut sind und mit der A7-Reihe, die einzigen echten „Mirrorless“ mit Kleinbildsensor angeboten werden, habe ich mich vor einiger Zeit wieder vom Sony-System getrennt. Als Retro-Kamera-Freak erinnert mich die Bedienung der Sonys eher an ein Computerspiel als an einer Kamera. Nix für Ungut!

  • Fokussierhilfe: Das beste Peaking aller Systeme!
  • Performanz: APS und Kleinbild, extrem hohe Sensorleistungen und vielseitiges Modellangebot

Fuji

Meine „neue“ Liebe im Bereich der spiegellosen Systemkameras, die ja inzwischen gar nicht mehr so „neu“ ist. Nach der X-E1, die der Grund für meinen Verkauf des Sony-Systems war, folgte die X-T1 und schließlich die X-E2, welche letztlich die X-E1 ablöste. Ich mag den X-Trans-Sensor sehr und bin immer wieder erstaunt über die hohe ISO-Leistungen. Es werden etliche unterschiedliche Fokussierhilfen in einer Kamera angeboten, die richtig gut funktionieren (wenn das Peaking auch nicht ganz an das von Sony heranreicht). Doch vor allem mag ich das Aussehen und die Bedienung der Fujis. Das sind Retrokameras vom Feinsten.

  • Fokussierhilfe: Peaking, Schnittbild und einige mehr…
  • Performanz: sehr gute APS-Sensoren, extrem hohe Sensorleistungen

Samsung

Leider muss ich gestehen, dass ich mit Samsung-Kameras noch keine Erfahrungen sammeln konnte. Tests bescheinigen den Modellen stets eine sehr gute Sensorleistung und dennoch sind Samsung-CSC unter den Adaptierfans nicht allzu beliebt. Ob das daran liegt, dass Adapter nicht so günstig zu finden sind, oder ob diese Adapter deshalb so selten und teuer sind, weil es nicht viele Interessenten gibt, kann ich nicht sagen.
Vielleicht schreibe ich Samsung mal an und frage nach einer Testkamera. Mal sehen.

Nikon

Nikon wird mit seinem „Nikon1“-System immer ein wenig belächelt. Viele werfen Nikon vor, der Grund für den kleinen 1-Zoll-Sensor sei, nicht im eigenen DSLR-Wald wildern zu wollen. Meist wird dabei aber übersehen, dass die kleinen Nikons eine sehr gute Abbildungsleistung und einen extrem schnellen AF bieten.
Für Fans des „normalen“ Altglases ist die Nikon hingegen nicht so ganz so gut geeignet, da der kleine Sensor einen 2,7fach-Crop mitbringt, ein 50er Objektiv „mutiert“ an einer Nikon1 also etwa zu einem „135er“, zumindest scheint es aufgrund des Bildwinkels so. Was toll für Telefans klingt (ein „200er“ wird zu einem „540er“-Supertele), hat noch eine weitere Einschränkung. Nikon hat – warum auch immer – den Kameras nicht die Fähigkeit mitgegeben, mit adaptieren Objektiven die Belichtung zu messen – zumindest nicht im Fotomodus. Es läuft also alles rein manuell: Blende, Fokus, Belichtung. Es gibt zwar ein paar „Workarounds“ (messen im Videomodus oder einen speziellen Chip, mit dem man einen Adapter ausrüsten kann), aber dennoch bleibt die Frage offen, was Nikon sich bei dieser Einschränkung gedacht hat. Das ist auch deshalb schade, weil man die überaus kompakten und sehr lichtstarken Objektive alter Super-16-Filmkameras an dem relativ kleinen Sensor nutzen kann.

  • Fokussierhilfe: EVF
  • Performanz: guter bis sehr guter 1-Zoll-Sensor, sehr schneller AF

Canon

Die Canon EOS M, die mit reichlich Verspätung auf den Markt kam, hat nie wirklich Anschluss gefunden. Einer der Gründe ist wohl der überaus langsame Autofokus der EOS M, über den schon witzige Videos im Internet kursieren:

Leider kann ich kein Urteil über die EOS M abgeben, denn außer auf der Photokina hatte ich noch keine in der Hand.

Pentax

Das, was für die Nikon1 gilt, gilt in verstärktem Maße für das Pentax Q-System. Der Sensor ist nochmals kleiner (er entspricht dem einer normalen Kompaktkamera) und verwandelt so ziemlich jedes adaptierte Objektiv in ein mehr oder weniger langes Tele. Der Crop-Faktor liegt bei umwerfenden 5,6! Das bedeutet, dass das „200er“ von oben hier zu einem Objektiv mit dem kleinbildäquivalenten Bildwinkel eines 1120mm-Objektivs (!) wird.
Hinzu kommt, dass die Pentax Q-Kameras extrem klein sind. Toll, wenn man solch ein superkompaktes System haben möchte. Unter Altglasfans werden diese Kameras aber eher als „Spielzeug“ belächelt. Ich gebe auch hier kein Urteil ab, da mir bzgl. des Pentax Q-System ebenfalls die Erfahrung fehlt.

Leica

Huch! Was hat denn Leica hier verloren? Nun, eine Leica M ist auch eine „spiegellose Systemkamera“, nicht wahr? Und seitdem im Modell 240 ein CMOS-Sensor werkelt, der ein LiveView ermöglicht, wird der (geniale) Messsucher nicht mehr unbedingt zum Fokussieren benötigt. Inzwischen gibt es Adapter für mehrere Systeme. Ich bezweifle allerdings, dass eine Leica M jemals die erste Wahl für Altglasfans werden wird. Ein Grund, mit adaptierten Linsen zu fotografieren ist für viele der niedrige Preis, für den man solche alten Objektive finden kann. Und der Ausdruck „niedriger Preis“ ist definitiv nicht mit dem Namen „Leica“ kompatibel. Wer ein paar der exzellenten Leica-M-Objektive hat, für den ist eine Leica M wohl noch immer die optimale Kamera. Für alle anderen aus dem Altglas-Container wäre das als würde man ständig mit einem 911er zum Briefkasten fahren. 😉

 

Wer mehr über Altglas und die Adaptiererei erfahren möchte, dem empfehle ich, sich beim digicamclub.de anzumelden. Dort treffen sich echte Experten, die Dinge machen, die man sich kaum vorstellen kann und zudem noch überaus hilfsbereit sind.

 

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* EVIL = Electronic Viewfinder, Interchangeable Lens. Diesen Begriff finde ich etwas unpassend, da nicht jede dieser Kameras einen EVF hat.

10 Gedanken zu “Wegweiser durch den Altglas-Dschungel (Teil 2 – CSC)

  1. Dr. Andreas Habash

    Das wichtigste „Problemchen“ der Samsung NX Reihe für „Altglass“ Nutzer ist dass keine Leica M Objektive adaptierbar sind – das liegt an dem zu großen Auflagemass. Daher gibt es auch keine Samsung NX Leica M Adapter.

    1. Danke für die Rückmeldung. Ich habe auch schon davon gehört, denke aber nicht, dass es nur am Auflagemaß liegt. Leica M hat ein Auflagemaß von 27,80 mm und Samsung NX von 25,50 mm – das bedeutet, dass eine Differenz von 2,3 mm zur Verfügung steht, das ist nicht wirklich viel, sollte aber eigentlich reichen. Ich glaube, dass das Samsung-Bajonett eine andere Besonderheit hat, die eine Adaptierung von M-Objektiven verhindert, kann aber leider nichts weiteres dazu schreiben.

  2. Dr. Andreas Habash

    hier ist noch einmal eine genaue Erklärung dazu:
    https://petavoxel.wordpress.com/2010/01/16/ltm-on-nx10/

    Es gibt immer wieder einen Anbieter auf ebay, der ein Leica M Bajonett anbietet. Hierzu muss das Samsung Bajonett entfernt werden. Dann wird innen mit einer Fräse am Gehäuse Kunststoff abgetragen und das M Bajonett angesetzt. Dies ist die einzige Möglichkeit, über die seit Jahren berichtet wird um Leica M an Samsung NX zu nutzen.

  3. Dirk Warnecke

    Besten Dank für die umfassenden Infos. Ich bin „Adaptier-Roukie“ und habe jetzt einen prima Überblick. Schwanke zwischen einer Sony Alpha 7 (wegen Vollformat), einer Fuji X-T10 oder einer Sony Alpha 5100/6000? Ein kurzer Tipp wäre klasse!

    Viele Grüße
    Dirk Warnecke

    1. Hallo, Dirk.
      Das ist natürlich in erster Linie eine Preisfrage und hängt auch davon ab, ob du einen Kleinbild-Sensor in deiner Kamera haben möchtest, oder nicht.
      Die vielen Vor- und Nachteile dessen können hier nicht hinreichend behandelt werden. Letztendlich kannst du mit jeder dieser Kameras glücklich werden. Wenn das Geld reicht, wäre die Alpha 7 II vermutlich die rundeste Lösung (die Alpha 7, ohne das „II“ mochte ich hingegen nicht so sehr).
      LG Carsten

      1. Dirk Warnecke

        Hallo Carsten,

        besten Dank für Deine Einschätzung!

        Viele Grüße Dirk

  4. Ich besitze die Samsung NX30 und drei alte Objektive. Ich bin immer wieder total beigeistert von den Ergebnissen obwohl es echt schwer war Adapter und Objektive zu bekommen.

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