Ist die Ausrüstung wichtig?

Diese in zahllosen Foren und auf unzähligen Foto-Stammtischen geführte Diskussion nervt viele. Das kann man irgendwie ja auch verstehen. Die einen sind überzeugt, dass immer der Fotograf das Bild macht. Die anderen entgegen, dass sie gar nicht wissen, wo im Kopf des Fotografen das Fotopapier liegt 😉 und sehen sich gezwungen, ihre ausgedehnte Sammlung zu rechtfertigen.

Ich fühle mich im Moment so, dass ich nichts (mehr) rechtfertigen muss. Zum einen geht es niemand etwas an, was ich mir von meinem Geld kaufe und zum anderen bringt eine Rechtfertigung meist ohnehin nichts. Außerdem war ich lange nicht so zufrieden mit meiner Ausrüstung wie zur Zeit. „Stilpirat“ Steffen Böttcher hat es mal als „satt“ bezeichnet – das Gefühl, eigentlich mehr zu haben als man braucht und nicht mehr alles mitschleppen zu wollen, sich aber dennoch nicht davon trennen können. So fühle ich mich auch, mit dem Unterschied, dass mir dieses „satt sein“ besser gefällt als offensichtlich dem Stilpirat. 😉 Ich finde es toll, für beinahe jede erdenklich Situation das passende Equipment zu haben – und mit vielem einfach nur mal „spielen“ zu können. (Ich muss ja davon auch nicht leben.)

Was also die im Titel gestellte Frage betrifft, so möchte ich sie mit einem „ja“ beantworten. Das soll aber nicht heißen – und das wird  dann oft in Diskussion bewusst falsch verstanden – dass ausschließlich das Equipment wichtig ist. Forendiskussionen neigen ja gelegentlich immer mal wieder zum Dogmatismus (eines meiner Lieblingsthemen) und lassen darin schon gewisse Ähnlichkeiten zu sonntagmorgentlichen Stammtischgesprächen erkennen – auf wiedererkennbar erschreckendem Niveau.

Oft liest man von den Fotografen, welche die Ausrüstung als wenig wichtig betrachten, folgende Anekdote:

Eines Tages ging ein berühmter Fotograf in ein Sterne-Restaurant, genoss das Mahl und sprach anschließend mit dem Koch. Als dieser den Fotografen erkannte sagte er: „Sie machen so wunderbare Fotos, Sie müssen ja eine sehr gute Kamera haben.“ Der Fotograf entgegnete: „Sie kochen so ein wundervolles Essen, Sie müssen ja sehr gute Töpfe haben.“

Soweit so gut.
Diese Geschichte wird aber meist nicht zu Ende gedacht. Natürlich hat der Koch sehr gute Töpfe! Und sehr gute Pfannen. Und sehr gute Messer. Ohne exzellentes Werkzeug würde sich ein Top-Koch wohl kaum in die Küche stellen. Diese Utensilien helfen ihm dabei, sehr gute Gerichte zu zaubern, die er so nicht hinbekäme, wenn die Messer nicht richtig schneiden und die Pfannen nicht gleichmäßig heiß werden würden. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass jemand, der nicht kochen kann, auch mit den besten Töpfen kein gutes Essen machen könnte.

Genau so ist es beim Fotografieren. Selbstverständlich ist die Ausrüstung wichtig! Haben Sie schon einmal versucht, ein Bild mit der Bildwirkung eines starken Weitwinkels zu machen, wenn Ihr Objektiv bei 28mm anfängt? Haben Sie schon einmal versucht, ein formatfüllendes Abbild eines Tieres aufzunehmen ohne Teleobjektiv? Haben Sie schon einmal versucht, eine samtige Freistellung eines Portraits zu erreichen mit einem 3.5-5.6/28-80 Zoom?
Andererseits bringt es nichts, einem untalentierten Fotoanfänger gleich eine Profi-Kamera mit einem extrem lichtstarken 50er oder einem Superweitwinkel in die Hand zu drücken. Das wird nichts werden.

Ein sehr guter Koch braucht außer seinen Fähigkeiten die geeigneten sehr guten Werkzeuge.
Ersetzen Sie nun „Koch“ bitte durch „Fotograf“ und es passt ebenso.

Doch diese Analogie greift noch weiter!
Ohne gute Zutaten wird kaum ein leckeres Essen gelingen – ohne gute Sujets wird kaum ein gutes Foto gelingen.
Ohne Gewürze bleibt das Essen fade – ohne passendes Licht ein Foto ebenso.
Und die Präsentation auf dem Teller entspricht der Bildbearbeitung: es geht auch ohne, doch es sieht einfach besser aus.

Sie sehen, es gehört mehr zu einem begeisternden Foto als der Fotograf. Es gibt einfach mehrere essentielle Bestandteile des Rezeptes.
Diesen alten, abgehalfterten Spruch „Nur der Fotograf macht das Bild“ sollte man so langsam einmal abheften – oder zeigen Sie mir bitte einmal den Profi, der mit einer billigen Kompaktknipse zum Termin fährt. Nein, das sind keine Gearheads, die sich an Statussymbolen berauschen. Diese Menschen nutzen das, was ihnen in ihrem Job am besten hilft! Und sei es nur, dass diese bestimmte Kamera ihnen das beste „Gefühl“ beim Arbeiten gibt. (Gerade dies hört man oft von Leica-Fans, die damit ihre Leidenschaft gegenüber kopfschüttelnden Gesprächspartnern begründen.)

Meine womöglich ungewohnt deutliche Aussage bedeutet allerdings nicht, dass eine bestimmte Marke den Ausschlag gibt! Ich gehöre nämlich nicht zu denen, die überzeugt sind, dass Profi-Equipment nur von Nikon oder Canon, oder in bestimmten Bereichen von Leica kommen kann. Ich kenne so einige Könner, die mit Fuji, Sony, Pentax oder Olympus fotografieren und in professionellen Studio-Szenarien tauchen nochmal ganz andere Marken auf.

Jegliche Reduzierung des fotografischen Ergebnisses auf eine Zutat (sei es nun der Fotograf oder das Equipment) bedeutet eine beschränkte Sichtweise, derer wir uns eigentlich bereits entledigt haben sollten. Danke.

Zu diesem Thema empfehle ich auch diesen Artikel von „The Luminous Landscape„.

2 Gedanken zu “Ist die Ausrüstung wichtig?

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