Looking for Swirl?

Wenn von „Bokeh“ gesprochen wird, ist die Art und Weise gemeint, wie der unscharfe Bereich in einem Bild dargestellt wird und nicht, wie manchmal fälschlicherweise behauptet, die Lichtkreise in der Unschärfe. Die nennt man Bokeh-Highlights. Das Objektiv als Ganzes hat maßgeblichen Einfluss auf das Bokeh, nicht nur die Form der Blendenöffnung. Auch das wird häufig falsch dargestellt.

Es ist nicht leicht, das Bokeh zu beschreiben. Oft wird von „harsch“ gesprochen, wenn sich Linien deutlich abzeichnen und von „cremig“, „samtig“ oder „weich“, wenn alles eher ineinander verläuft. Ich selbst mag ein samtiges Bokeh natürlich sehr viel mehr. Ob einem das Bokeh gefällt ist sehr subjektiv.
Was die Unschärfe-Highlights betrifft, so unterscheidet man in erster Linie wie die Lichtkreise geformt sind, was in der Tat von der Art und Form der Blendenöffnung abhängt, und wie stark akzentuiert der Rand solch einer Lichtscheibe ist. Dies hängt ab vom Grad der Korrektur der sphärischen Aberration des Linsensystems. Ist es unterkorrigiert laufen die Scheibchen zum Rand hin sanft aus, bei neutraler Korrektur sind die Scheibchen gleichmäßig leuchtend und bei überkorrigierten Systemen ist ein deutlicher, hellerer Ring an der Kante des Scheibchens zu erkennen. In diesem Fall wird oft von einem „Seifenblasen“ oder „Bubble“ Bokeh gesprochen. Das Meyer Trioplan 2.8/100 ist ein typischer und extrem gehypter Vertreter dieses Effektes. Ich mag solche Seifenblasen nicht wirklich. Sie lenken für mich zu sehr vom Hauptmotiv, das nunmal nicht in der Unschärfe liegt ab.

Ein anderer Bokeh-Effekt sind die „Explosion“ und der sogenannte „Swirl“. Ersteres lässt das Bokeh, vor allem aber die Highlights radial nach außen streben, oft kommt das bei hochöffnenden Sonnar-Rechnungen vor. Bei einem „Swirl“ wirkende Bokeh-Highlights als kreisen sie in konzentrischen Kreisen um die Bildmitte herum. Dieser Effekt wird oft bewusst gesucht, da er das Auge des Betrachters direkt zur Bildmitte leiten kann. Diesen Effekt mag ich auch, gerade für Portraits lässt er sich schön anwenden. Übertreiben sollte man das allerdings nicht. Ein Swirl entsteht, wenn sich die Form der Highlights zum Bildrand mehr und mehr von kreisförmig in elliptisch ändert. Dadurch steht der optische Effekt eines wirbelnden Lichtkranzes. Frühe Objektivrechnungen zeigten diesen Effekt sehr oft, das Petzval Portraitobjektiv aus der ersten Hälte des 19. Jahrhunderts ist berühmt dafür. Im Laufe der Zeit versuchten Designer diesen Effekt herauszurechnen, da er als Fehler galt. Heute wird danach gezielt gesucht. Ein Grund, warum viele Fotografen alte Objektive adaptiert an moderne Kameras nutzen.

Wer einen Swirl nutzen möchte, der hat im Grunde drei Möglichkeiten:

  1. Ein Vintage-Objekt nutzen, dass diesen Effekt verursacht.
  2. Eines der modernen Objektive nutzen, die speziell für diesen Effekt gebaut werden.
  3. Einige Projektionsobjektive finden und adaptieren, die ebenfalls den Swirl entstehen lassen.

Dabei muss beachtet werden, dass auch die heftigsten „Swirler“ nicht immer swirlen. Die Situation muss stimmen, so heißen der Abstand von Motiv und Hintergrund müssen passen und man benötigt kleine Lichtpunkte im Hintergrund vorhanden sein. Am besten erreicht man das mit Sonne und Bäumen im Hintergrund. Vor gut 4 Jahren habe ich in einem Projekt gezielt damit gespielt.

So, genug Theorie. Ich möchte an dieser Stelle einmal zeigen, mit welchen Objektiven man solch einen Swirl erreichen kann. Da wir seit Wochen nicht genug Sonne draußen haben, um soetwas zu erreichen, versuchte ich drinnen mit einer Lichterkette zu improvisieren.

Folgende Objektive haben im Test mitgespielt:

  • LensBaby Burnside 2.8/35 *
  • Leitz Summitar 2/5cm •
  • Carl Zeiss Jena Pancolar 1.8/50
  • 7artisans 1.1/50
  • PO-109-1A 1.2/50
  • Helios 44-2 2/58 •
  • LensBaby Twist 2.5/60 *
  • 7artisans 1.25/75
  • Meyer Optik Primoplan 1.9/75
  • Lomography Petzval 1.9/80.5 Mk II Bokeh Control *
  • Leitz Hektor 2.5/85
  • Meyer Optik Somnium 1.5/85 •

Einige davon sind speziell für diesen Effekt entwickelt (*) worden oder dafür bekannt (•). Andere habe ich zum Vergleich hinzugezogen. Mal sehen, ob alle ihrem Ruf gerecht werden.

Beginnen wir mit den Vintage-Objektiven, die für ihren Swirl berühmt sind.

Das Somnium ist ein Nachbau des Helios-40.

In der Tat, sie halten, was die Berichte versprechen. Beim 85er wirkt es hier nicht so intensiv aufgrund der längeren Brennweite.

Kommen wir nun zu Objektiven, die speziell dafür entwickelt wurden, ein swirly Bokeh zu liefern.

Beim Petzval „Bokeh Control“ kann man den Grad des Swirls einstellen.

Auch hier zeigt sich, dass eine kürzere Brennweite bei diesem Motiv mehr vom Swirl zeigt, einfach weil mehr Lichter zu sehen sind.

Die speziellen Objektive von LensBaby und Lomography machen einen tollen Job. Sie erfüllen ihre Aufgabe sehr gut.

Als nächstes folgen zwei Projektionsobjektive:

An diesen beiden Beispielen erkennt man sehr gut, dass wiederum die kürzere Brennweite hilft und dass nicht jedes Projektionsobjektiv grundsätzlich Swirls verursachen wird. Das swirlende PO-109, ein russisches Modell, ist übrigens ein Projektorobjektiv für 16mm-Film und deckt mit seinem Bildkreis daher nicht das Kleinbild ab. Die Mitte wurde herausgecroppt .

Als letztes ein paar Objektive, die für ihr besonderes Bokeh aber nicht als Swirler bekannt sind:

Das extrem lichtstarke 50er ist als Sonnarrechnung eher für „explosives“ Bokeh bekannt, was hier nicht wirklich auffällt. Ein Swirl ist nicht zu erkennen.

Die Bildbeschriftung ist falsch. Es handelt sich um ein 7artisans.

Das extrem lichtstarke 75er zeigt einen ganz leisen Hauch von Swirl, doch als Swirl-Objektiv kann man es nicht bezeichnen. Das Bokeh ist wunderbar cremig.

Auch das neue Meyer Optik Primoplan 75 ist kein Swirler. Im Gegensatz zum alten Primoplan 1.9/58, das ich leider nicht mehr habe. Das Bokeh des neuen 75ers würde ich als überaus harmonisch bezeichnen.

Das Pancolar 1.8/50, es handelt sich hier sozusagen um die zweite Version, ist ein echter Allrounder und – etwas überraschend – es kann sogar Swirls unter den passenden Bedingungen.

Man sieht, es ist durchaus möglich, ein Objektiv zu finden, mit dem man ein swirly Bokeh erreichen kann. Richtig und nicht übertrieben eingesetzt ist es eine echt lohnende Erweiterung der eigenen Ausrüstung.