Nein, ich fotografiere nicht nur selbst oder spiele mit Kameras und Objektiven herum, ich schaue mir auch sehr gerne gelungene Fotos anderer Fotografen an. Kaum etwas ist so inspirierend wie die Werke der „alten Meister“ oder wie die vor Kreativität sprühenden Ideen einiger jüngerer Fotografen.
Das Schöne heute ist, dass man sich – bevor man ein Buch kauft – ganz oft einen ersten Eindruck im Internet holen kann. Und so stolpert man gelegentlich über ein kleines Juwel – oder wird mit der Nase darauf gestupst. So auch jetzt.
Wie aus heiterem Himmel flatterte mir eine Empfehlung ins Postfach, über die ich äußerst dankbar bin. Wenn ich Lust und Laune hätte sollte ich mir doch mal die DIAMONDTIMES von Ben Bernschneider, einem hochtalentierten Hamburger Fotografen, anschauen. Und was bin ich froh, dass ich das gemacht habe!
Bernschneider, der soweit ich das sehe sein Geld in erster Linie als Regisseur, Editor und Drehbuchautor verdient, hat ein Buch veröffentlicht, das einen ganz eigenen Stil zeigt. Einen, den ich sehr mag. Die Fotos haben einen „analogen Touch“ und wirken oft wie Schnappschüsse, sind aber großartig durchgestaltet. Es scheint sich meine Meinung zu bestätigen, dass es überaus befruchtend ist, wenn man sich nicht nur mit einem Medium beschäftigt.
Ben Bernschneider, der davon lebt, gute Geschichten zu erzählen, bringt alles mit, um genau das auch in seinen Fotos zu tun. Was mir ganz besonders gefällt, sind nicht nur seine intelligenten Arrangements, nein, auch die Abwechslung, die im Buch gezeigt wird und vor allem die fabelhafte Gratwanderung, auf die sich Bernschneider immer wieder begibt. Er zeigt neben beinahe banal anmutenden Alltagsszenen, die aber in Wirklichkeit Geschichten erzählen, überaus attraktive Menschen und spielt mit prickelnd-erotischen Andeutungen, die hier und da drohen, ins Schlüpfrige abzudriften. Nachdem man aber darüber nachgedacht hat, erkennt man, dass genau dies nicht der Fall ist, sondern dass der Fotograf es glänzend versteht, alles Obszöne zu vermeiden. Niemals wird die Bildsprache vulgär, im höchsten Falle ist sie pikant, allerdings im besten Sinne des Wortes. Neudeutsch würde man viele der Fotos wohl als „sexy“ bezeichnen. Inwiefern dies nun als „sexistisch“ gesehen werden kann, liegt wie so oft im Auge des Betrachters. Ich denke aber nicht, dass die Modelle abwertend frivol dargestellt werden – im Gegenteil, sie sind sich ihrer Wirkung und daher auch ihrer Macht über den Betrachter jederzeit bewusst. Hier wird nichts ausgenutzt, hier wird gespielt – und das sehr gut.
Und „cooles“ Fotoequipment sowie einen DeLorean als ausschmückendes Beiwerk zu nutzen, hat ebenfalls Stil.

Was der Fotograf übrigens sehr schön zeigt, ist, dass es eher nebensächlich ist, ob man ein Foto „analog“ oder „digital“ aufnimmt, so lange es das richtige Werkzeug für die Idee ist. Bernschneider gibt selbst an, dass er die im Buch gezeigten Fotos mit einer dieser Kameras gemacht hat: Yashica T4, Leica Mini 3, Nikon AE, Nikon EM, Nikon Df, Nikon D800, Nikon A, Canon EOS 5D Mk II und einem iPhone. 🙂
Als Lehrer habe ich die Erfahrung gemacht, dass man all das besonders gut macht, was einem viel Spaß bringt. Und DIAMONDTIMES hat Ben Bernschneider ganz offensichtlich eine Menge Spaß bereitet. Ich hatte sehr schnell den Eindruck, dass er sich mit diesem Buch einen Traum erfüllt hat – einen Traum, den ich sehr gut nachvollziehen kann.
Leider (aber verständlicherweise) ist die Printausgabe schon vergriffen. Das eBook ist aber noch über seine Website http://www.benbernschneider.com erhältlich.
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